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Rechtsgebiete/Anzeigenbetrug/Die Vertreter-Masche

Betrug mit Werbeanzeigen

Der arglistige Anzeigenvertreter oder die "Bayerische Masche"

Zunächst eines ganz klar vorweg. Vertreter sind in ihrer ganz überwiegenden Zahl keine Betrüger und üben ihren Beruf ehrlich und gewissenhaft aus. Aber es gibt eben auch den Vertreter, von dem im folgenden die Rede ist.

Der Fall ist wie immer völlig fiktiv, könnte sich aber so zugetragen haben, wie in diesem Beitrag beschrieben.

Der Köder:

Sie erhalten zunächst unvermittelt den Anruf einer netten Dame eines Verlages, die Ihnen sagt, daß die Broschüre für die Gemeinde oder den Landkreis wieder neu aufgelegt wird und fragt, ob kurzfristig ein Vertreter vorbeikommen könne. Der Grundpreis sei ein einmaliger Sonderpreis von 200,00 EUR bis 300,00 EUR für die Laufzeit von 1 Jahr.

Da Sie aufgrund dieser Angaben denken, daß es sich um die offizielle Broschüre ihrer Gemeinde handelt, sagen Sie zu, weisen aber darauf hin, dass Sie in dieser Woche jeweils unbedingt um 12:00 Uhr wegmüssen (zB um ihr Kind vom Kindergarten abzuholen) und der Vertreter dies bitte berücksichtigen möge.

Die Falle schnappt zu:

Der Vertreter tut genau dies, allerdings anders, als Sie sich das gedacht haben. Um genau 11:57 Uhr steht der Vertreter bei Ihnen im Laden oder der Praxis, bezieht sich auf den Anruf seines Verlages und fragt, ob Sie wieder eine Anzeige schalten wollen. Ihren Einwand, dass Sie gerade wirklich keine Zeit haben, kontert der Vertreter damit, dass der Termin doch vereinbart worden sei, es sehr dringend wäre und doch auch ganz schnell gehen würde. Die Broschüre der Gemeinde oder des Landkreises hat der Vertreter auch gleich dabei, zeigt Ihnen die Seite mit Ihrer Anzeige und fragt, ob die neue Anzeige wieder so aussehen soll. Die Broschüre werde bei Rathäusern, Landratsämtern und Behörden ausgelegt.

Als Sie das bejahen trägt der Vertreter Ihren Namen auf einem Vertragsformular ein, daß er auf ein Klemmbrett gespannt hat. Er erklärt Ihnen weiter, daß er Ihnen den von seiner Kollegin bereits genannten einmaligen Sonderpreis anbieten könne, der von dem im Formular in einer Auswahlbox eingedruckten Preisen deutlich abweicht. Als Sie nachfragen, ob das ein einmaliger Sonderpreis für die Laufzeit von 1 Jahr sei, wird Ihnen das mit einem treuherzigen Blick ausdrücklich bestätigt.

Der Vertreter streicht den vorgedruckten Preis zwar nicht, trägt aber auf dem Formular handschriftlich ein "Sonderpreis für 1. Jahr" (den Punkt sieht man nur bei sehr genauem Hinsehen).

Zudem bietet der Vertreter von sich aus ein Skonto von 3% an und trägt auch das auf dem Formular handschriftlich ein. Sodann streicht er aus dem Vertragstext eine Klausel, wonach sich der Vertrag automatisch verlängert, solange er nicht von Ihnen gekündigt wird. Möglicherweise bietet er auch großzügig an, die eigentlich vorgesehene Laufzeit von 2 Jahren auf 1 Jahr zu verkürzen. All dies bietet der Vertreter von sich aus freiwillig an ohne dass darüber zwischen Ihnen auch nur im Ansatz verhandelt wird.

Abschließend fragt der Vertreter Sie nach einem Firmenstempel, stempelt das Formular selbst und läßt Sie das Formular an zwei oder drei Stellen unterschreiben. Dieser Aufforderung kommen Sie nach, denn der Vertreter hat Ihnen ja gerade alle wichtigen Details 5 Minuten lang erläutert, den Vertrag ergänzt und macht einen seriösen Eindruck. Dass Sie den Vertragstext selber gar nicht durchgelesen haben, halten Sie für nicht so wichtig, alle wichtigen Punkte scheinen ja besprochen und geklärt. Ausserdem müssen Sie jetzt wirkllich dringend los.

Der Vertreter verabschiedet sich nach Ihrer Unterschrift recht zügig, manchmal überläßt er Ihnen einen Durchschlag des Vertrages, meistens nimmt er ihn mit. Was Sie auf der dritten oder vierten Durchschlagsseite des vorgelegten Durchschreibesatzes unterschrieben haben, werden Sie übrigens erst erfahren, wenn die Sache vor Gericht geht.

Der Bonusauftrag:

Zwei Wochen passiert erstmal nichts, bis sich der Vertreter unerwartet wieder bei Ihnen meldet. Der Druck der Broschüre stehe unmittelbar bevor, es sei aber ein Kunde auf einer Umschlagseite ausgefallen und wenn Sie Interesse hätten, könnten Sie für 130,00 EUR Aufpreis eine Farbanzeige auf der zweiten Umschlagseite erhalten. Sie sagen zu und unterschreiben kurze Zeit später schnell einen Vertrag, von dem Sie glauben es sei nur der Preis auf einen anderen Betrag abgeändert.

Das böse Erwachen:

Als die ersten Rechnungen eintrudeln fallen Sie aus allen Wolken, denn Sie stellen bei genauerem Hinsehen und Prüfung der mittlerweile angeforderten Vertragstexte folgendes fest:

1) Die Verträge haben mit der offiziellen Gemeinde- oder Landkreisbroschüre überhaupt nichts zu tun.

2) Die Verteilung findet auch nicht bei Behörden statt, sondern überwiegend in kleinen Einzelhandelsgeschäften. Leider auch nicht nur am Sitz Ihrer Praxis oder Firma, sondern vor allem in benachbarten Landkreisen. Falls Sie eine der Broschüren zufällig in die Hände bekommen, steigt Ihnen in Anbetracht der Qualität des Druckes und der redaktionellen Beiträge die Zornesröte ins Gesicht.

3) Sie haben tatsächlich einen Vertrag mit einer Ihnen unbekannten Firma abgeschlossen, von der Sie noch nie gehört haben und bei der Sie auch noch nie eine Anzeige geschaltet hatten. Der Name des Verlages steht zwar oben deutlich auf dem Vertragsformular. Nur war dieser Name bei Unterschrift durch den Klemmbügel des Klemmbrettes abgedeckt und leider nicht lesbar. Zudem haben Sie bei der Auftragserteilung eine gesonderte Bestätigung unterschrieben, nach der Sie über alle Vertragsdetails und die beabsichtigte (völlig sinnlose) Verteilung des Werbeobjektes in allen Details aufgeklärt worden sind.


4) Bei Vergleich des ersten und des zweiten Formulares, das Sie unterschrieben haben, stellen Sie fest, daß Sie tatsächlich zwei verschiedene Aufträge für zwei verschiedene Broschüren abgeschlossen haben.

5) Zu Ihrer Überraschung sind diese Preise auch nicht nur einmal zu bezahlen, sondern über eine Laufzeit von insgesamt 1 oder 2 Jahren erscheinen jeweils 4 bis 12 kostenpflichtige Auflagen der beiden Broschüren. Der Satz "Ich biete Ihnen einen einmaligen Sonderpreis an" erhält für Sie in diesem Augenblick eine ganz unerwartete neue Bedeutung.

6) Zu Ihrem Entsetzen stellen Sie nach einem Hinweis durch den Verlag abschließend auch noch fest, daß der vereinbarte Sonderpreis nur für das erste der beiden Vertragsjahre gilt. Für das zweite Jahr gelten die vorgedruckten deutlich höheren Preise.

7) Ihre Beschwerden beim Verlag werden von der jetzt gar nicht mehr so netten Dame am Telefon mit dem barschen Hinweis abgebügelt, daß der Vertreter nach Kenntnis und Weisung des Verlages die Kunden immer vollständig und wahrheitsgemäß über alle Vertragsdetails aufkläre, der Vertrag nach üblichen kaufmännischen Gepflogenheiten zustande gekommen sei und der Kunde als Unternehmer ja schließlich selber prüfen müsse, was er unterschreibe. Zudem hätten Sie den Auftrag ja an mehreren Stellen unterzeichnet und abgestempelt.

Auf Ihren Einwand, der Vertreter habe bei Vertragsschluß ganz andere Dinge erzählt, Sie offenbar gezielt unter Zeitdruck gesetzt und Sie durch seine handschriftlichen Einträge sowie mündlichen Erläuterungen offenbar gezielt vom genauen Durchlesen des Formulares abgehalten, wird erwidert, dies stimme mit Sicherheit nicht. Sie seien wohl vertragsreuig geworden und hätten sich bestimmt von einem dieser Rechtsanwälte beeinflussen lassen, die grundlos und aus niedrigen Motive eine Diffamierungskampagne gegen den Verlag betreiben würden. Der Verlag sei schließlich seit vielen Jahren am Markt tätig und könne mit Stolz auf viele tausend zufriedene Kundenbeziehungen zurückblicken.

In dieser Situation sollten Sie sich weitere Schritte in Ruhe überlegen und fundierten anwaltlichen Rat einholen.

(wdc)