Events, Races, Sliders - Haftung bei Schäden Dritter
Über die Fragen zur Versicherungspflicht haben sich diese Saison zufällig weitere Anfragen an mich ergeben. Das betrifft einerseits generell die Frage zur Haftung als Organisator von Kitertreffen, Events, Fun-Races usw. sowie andererseits etwa die Frage nach der Haftung für einen selbstgebauten Slider oder Kicker, der von anderen Kitern am Spot mitgenutzt wird. Schwerpunkt der Anfragen war dabei die Problematik, inwieweit Privatpersonen, die in Foren oder im Freundeskreis zu kleineren oder auch grösseren Treffen aufrufen, für Schäden oder Verletzungen bei dieses Treffen haften.
In Deutschland verhält es sich grundsätzlich so, dass jeder, der eine Gefahr für Dritte schafft, verkehrssicherungspflichtig ist. Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, ob das eine private oder öffentliche Veranstaltung ist, ob man das uneigennützig oder zum Geldverdienen macht oder ob man sich als Veranstalter oder nur als Koordinierer ansieht. Der Bundesgerichtshof - BGH hat das in der ihm eigenen, prägnanten Art bereits mehrfach, wenn auch jeweils in einem anderen Zusammenhang, in folgendem einfachen Satz zusammengefasst:
[Es ist ein allgemeiner Grundsatz, dass] derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern
Hier folgen einige Rechtsprechungsnachweise: (BGH, Urteil vom 03. Februar 2004 – VI ZR 95/03 –, st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - VersR 1990, 498, 499 und vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248; jeweils m.w.N.; vgl. auch BGHZ 121, 367, 375 und BGH, Urteile vom 17. Dezember 1992 - III ZR 99/90 - VersR 1993, 586, 587 m.w.N. und vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/95 - VersR 1997, 109, 111).
Nun, was heisst das in der konkreten Praxis. Diese Frage lässt sich leider überhaupt nicht so einfach und eindeutig beantworten. Generell und grundsätzlich gilt, wieder zitiert nach der Rechtsprechung des BGH, folgendes:
Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfaßt danach diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Voraussetzung ist daher, daß sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden können (Senatsurteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - VersR 2003, 1319 m.w.N.).
Dieser Satz hat es insoweit in sich, als der Maßstab für die Vorhersehbarkeit nicht der subjektive individuelle Kenntnis- und Wissenstand, sondern der Wissens- und Kenntnisstand eines sachkundigen Dritten ist.
Für die Aufstellung oder Benutzung von Anlagen, etwa einen Kicker oder Slider kann man auch dies mit dem BGH etwas weiter konkretisieren:
[...] Auf der Grundlage dieser allgemeinen Maßstäbe bestimmt sich auch das Maß der Verkehrssicherungspflicht [...]. Die Anlagen [...] müssen so beschaffen sein, daß die Benutzer vor vermeidbaren Gefahren bewahrt bleiben. Das bedeutet, daß die [Benutzer] vor den Gefahren zu schützen sind, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, von ihnen nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind (BGH, Urteil vom 03. Februar 2004 – VI ZR 95/03 –, vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1980 - VI ZR 11/79 - VersR 1980, 863, 864).
Wer also einen Slider für seine Freunde baut, wird gut daran tun, ihn so zu bauen, wie das ein Fachmann machen würde, und das Tragen von angemessener Schutzkleidung (Helm, Prallschutzweste) einfordern. Die Nutzung durch Minderjährige, die sich der damit verbundenen Gefahren altersbedingt nicht bewußt sind, dürfte ebenfalls ziemlich problematisch sein.
Wenn man in dem vorausgegangenen Zitat den Begriff "Anlage" durch die Begriffe "Race, Event, Treffen" ersetzt, ergibt sich ein gleichlautender Haftungsmaßstab für die Organisation oder Koordination von Fun-Races, Events oder Treffen.
Es gibt also im Ergebnis keine klare Antwort auf die Frage, inwieweit man für die Schäden Dritter haftet. Und wer sich auf die trügerische Hoffnung verlässt, man könne ja mit allen Betroffenen Haftungsausschlüsse vereinbaren, dem sei ganz deutlich mit auf den Weg gegeben, dass nach der insoweit ausdrücklichen Rechtsprechung des BGH ein formularmässiger Haftungsausschluss für Schäden oder Verletzungen an Leib, Leben und Gesundheit stets unwirksam ist.
Fazit ist damit, dass jeder, der zum Beispiel ein Kitertreffen, ein Race oder eine Slider-Session organisiert, auch einkalkulieren muss, dass er bei einer Verletzung eines Benutzers oder eines Zuschauers eventuell in Anspruch genommen werden kann. Mehr lässt sich zu dem Thema im Grunde nicht sagen.
Im übrigen gelten, am Rande und vorerst abschließend angemerkt, für die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen selbstverständlich eine Vielzahl verwaltungsrechtlicher und polizeirechtlicher Bestimmungen, die einzuhalten sind.
(Stand: 09.02.2014, wdc)