Kitesurfen & Luftrecht
Kites und Luftrecht (DK)
Anmerkungen zum Kiten nach dem Dänischen Luftrecht (Stand August 2013). Die rechtlichen Bestimmungen zum Dänischen Luftrecht finden sich in englischer Sprache auf den Seiten der Dänischen Transport Behörde, die auch die für die zivile Luftfahrt zuständige Behörde ist. Das Dänische Luftrecht ist zunächst grundlegend in The Danish Air Navigation Act geregelt. Nach § 1 Air Navigation Act Order (ANAO) unterliegt die Ausführung jeglichen Luftverkehrs den Bestimmungen dieses Gesetzes.
Air Navigation Act Order
I Civil aviation
Chapter 1
Preliminary provisions
§ 1.
Aviation within Danish territory shall be carried out in accordance with the provisions of this Act and with the regulations issued in pursuance of the Act, unless otherwise stipulated in EEC regulations.
In § 2 ff ANAO ist weiter festgelegt, dass Luftverkehr nur mit dänischen oder anderweitig genehmigten aircrafts durchgeführt werden darf, die nach § 7 ANAO bei der DTA registriert sind. Nach § 9 ANAO kann ein "aircraft" nur registriert werden, wenn ihm von der DTA oder dem Verkehrsminister ein Lufttüchtigkeitszeugnis ausgestellt worden ist.
§ 2
Aviation within Danish territory may only be carried out with aircraft that are
a) of Danish nationality, or
b) of a nationality of a foreign State with which agreement has been entered into on such aviation, or
c) authorised by special permission from the Minister or Transport.
[...]
§ 6
In its capacity as registering authority the Danish Transport Authority keeps a register of aircraft (the register of aircraft nationality).
[...]
§ 9
An aircraft can only be registered if it has a certificate of airworthiness issued or approved by the Danish Transport Authority and if it meets the requirements that may be specified by the Minister of Transport with a view to averting noise nuisances and other nuisances and inconveniences to persons outside the aircraft.
Die ANAO regelt aber nicht, was unter einem "aircraft" überhaupt zu verstehen sein soll. Damit wird es schon schwierig, eine Aussage zu einer korrekten Übersetzung zu machen. "Aircraft" könnte man übersetzen mit "Flugzeug" oder auch allgemeiner und näher an der eigentlichen Wortbedeutung mit "Luftfahrzeug", weshalb ich an dem letzteren Begriff festhalten werde.
Den Verfassern der ANAO war allerdings offensichtlich schon bewußt, dass nicht alles was irgendwie fliegt ein Flugzeug oder Luftfahrzeug ist, denn ab § 151 ANAO finden sich noch ein paar weiterführende Bestimmungen. Hier ist die Rede davon, dass der Transport-Minister, soweit es nicht das Zivilrecht oder das Strafrecht betrifft, das Recht hat Luftfahrzeuge ohne Pilot, Luftfahrzeuge ohne Motorantrieb oder Luftfahrzeuge spezieller Art von den Bestimmungen der ANAO auszunehmen. Weiter ist der Transport-Minister befugt, Bestimmungen über Gerätschaften zu erlassen, die - ohne Luftfahrzeug zu sein - bestimmt sind zum Bewegen (Fliegen, Schweben) in der Luft.
Implementation provisions
§ 151. With due regard to aviation safety or public interests the Minister of Transport may, as regards aircraft without pilot or aircraft operating by means of other things than engines, or aircraft of special nature, exempt from the rules of the Act and make special provisions, however, not as regards regulations of civil law or criminal contents.
(2) The Minister may lay down provisions on devices meant for moving in the air without being aircraft.
§ 152.
The Minister of Transport may decide that the Danish Transport Authority - in addition to the same authority given by the provisions of this Act - shall exercise certain powers conferred to the Minister under this Act.
(2) Furthermore the Minister may delegate his power to make decisions which according to this Act is conferred to the Minister or the Authority, to:
1) other public authorities,
2) private organisations or
3) experts.
An dieser Stelle könnte man deshalb zunächst folgende Schlussfolgerungen aus dem Text der ANAO ziehen:
1) Mit "aircraft" ist der Wortbedeutung und den übrigen Bestimmungen der ANAO nach, ein Luftfahrzeug gemeint. Die ANAO geht möglicherweise implizit davon aus, dass ein "aircraft" entweder zum Transport von Personen oder Sachen geeignet sein muss. Dies gilt unabhängig von der Antriebsart und unabhängig davon, ob das "aircraft" von einem Piloten (direkt) gesteuert wird.
2) Alle Geräte, die nicht zum Transport von Menschen oder Sachen geeignet sind, könnten keine "aircrafts" im Sinne der ANAO sein. Es würde sich dabei vielmehr um Luftfahrtgerät handeln, für das besondere Bestimmungen erlassen werden können.
Diese Auslegung entspricht allerdings nicht den EASA - Definitionen (bzw. JAR-1 Definitions). Die EASA - European Aviation Safety Authority verabschiedet im Zuge ihrer Aufgaben auch Definitionen wichtiger technischer Begriffe. Diese Definitions- und Abürzungslisten werden unter der Bezeichnung "Definitions and abbreviations used in Certification Specifications for products, parts and appliances - CS-Definitions" veröffentlicht. Derzeit sind das nach meiner Recherche die "Decisions No. 2003/11/RM vom 05.11.2003 mit der 2. Ergänzung vom 23.12.2010. Hier finden sich ausschließlich folgende Definitionen:
1. General Definitions
‘Aeroplane’
means an engine-driven fixed-wing aircraft heavier than air, that is supported in flight by the dynamic reaction of the air against its wings.
‘Aircraft’
means a machine that can derive support in the atmosphere from the reactions of the air other than the reactions of the air against the earth’s surface.
‘Gyroplane’
means a rotorcraft the rotors of which are not engine driven except for initial starting, but are made to rotate by action of the air when the rotorcraft is moving, and the means of propulsion of which, consisting usually of conventional propellers, is independent of the rotor system.
‘Helicopter’
means a rotorcraft that, for its horizontal motion, depends principally on its engine-driven rotors.
‘Rotorcraft’
means a heavier-than-air aircraft that depends principally for its support in flight on the lift generated by one or more rotors.
‘Sailplane’
means a heavier-than-air aircraft that is supported in flight by the dynamic reaction of the air against its fixed lifting surfaces, the free flight of which does not depend on an engine.
Übersetzen würde ich diese EASA-Definition von Aircraft so:
Ein Luftfahrzeug ist ein Apparat, der sich den durch Einwirkung von Luft, nicht aber aufgrund der Einwirkung von Luft gegen den Erdboden, entstehenden Auftrieb in der Atmosphäre zu Nutze machen kann.
Es bedarf keinen umständlichen Ausführungen oder Begründungen, dass unter diese Definition ohne jeden Zweifel auch Kites (Drachen) fallen.
Daraus ergeben sich direkt Konsequenzen für das Dänische Luftrecht. Denn Dänemark hat sich zur Anerkennung und Umsetzung der EASA-Definitions im Rahmen seines nationalen Luftrechts verpflichtet. Dies ist meines Erachtens auch der Grund, warum das Dänische Luftrecht keine eigene Definition des Begriffes "Luftfahrzeug" enthält. Die ANAO übernimmt hier vielmehr grundsätzlich in korrekter Weise die standardisierten und gültigen EASA-Begrifflichkeiten und Definitionen. Insoweit drängt sich an dieser Stelle allenfalls der Eindruck auf, dass der Dänische Gesetzgeber möglicherweise übersehen hat, dass auch Kites (Drachen) grundsätzlich unter die EASA-Definition von Luftfahrzeug (aircraft) fallen.
Mein an dieser Stelle abschliessendes Fazit lautet jedenfalls, dass nach dem nationalen Dänischen Luftrecht Kites (Drachen) tatsächlich und zunächst grundsätzlich als Luftfahrzeuge anzusehen sind.
Nun wird auf der Seite der DTA noch auf weiterführende Bestimmungen nach den § 151 ff ANAO verwiesen. Einschlägig sind grundsätzlich die BL 09-Series der Regulations for Civil Aviation (BL). Diese enthalten einerseits spezielle Bestimmungen für Heissluft-Ballon Flüge (hot-air balloon flights), für Ultraleicht Gyroplanes und Flugzeuge, Hänge-Gleiter (hang gliders) und Gleitschirmflieger (paragliders) sowie allgemein Ausführungen zu unbemannten Luftfahrzeugen bis zu einem Gewicht von nicht mehr als 25 kg vom 09.01.2004. Spezielle Bestimmungen zu oder über Kites (Drachen) finden sich nicht. Einschlägig für Kites könnten damit die folgenden Bestimmungen sein:
BL 9-4
Regulations on unmanned aircraft noch weighting more than 25 kg
1. Reference documents
1.1
BL 7-16, Appendix 1 to the BL 7 series, Particularly sensitive nature areas, latest edition.
1.2 [...]
2. Applicability
2.1 This BL shall apply to aviation within Danish territory with unmanned aircraft not weighing more than 25 kg, except from unmanned free balloons.
2.2 Additionally, for the aviation dealt with in this BL, also the provisions in the Air Navigation Act with a substance of civil and criminal law shall apply, while the remaining provisions are not applicable.
Hier wird es nun durchaus interessant, weshalb ich die Ziffer 2 BL 9-4 zum besseren Verständnis zunächst übersetzen will:
2. Anwendbarkeit
2.1 Diese BL gelten für die Luftfahrt auf Dänischem Territorium mit unbemannten Luftfahrzeugen, die nicht mehr als 25 kg wiegen, mit Ausnahme von unbemannten Frei-Ballonen.
2.2. Zusätzlich, zu der nach diesen Bestimmungen geregelten Luftfahrt, gelten auch die Vorschriften des Air Navigation Act mit zivilrechtlichem oder strafrechtlichem Inhalt, während die sonstigen Vorschriften (des Air Navigation Act) nicht anzuwenden sind.
Die Frage ist, welche Bestimmungen der Air Navigation Act Order einen solchen Inhalt aufweisen. Speziell geht es mir um die Bestimmungen der §§ 127 ff ANAO zum Schadenersatz. Denn nach § 127 ANAO existiert eine verschuldensunabhängige Haftung des Eigentümers bzw. des Führers eines Luftfahrzeuges, es sei denn der Geschädigte hat den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht. Und aus § 130 ANAO ergibt sich eine gesetzliche Versicherungspflicht für den Eigentümer eines Luftfahrzeuges.
§ 127. If the use of an aircraft for aviation purposes results in personal injury or damage to property outside the aircraft, the owner shall be liable to compensate for the damage. If the owner has left the use of the aircraft to an independent user who has assumed the full responsibility for the operation and maintenance of the aircraft, this liability instead rests with the user.
(2) The liability to pay damages shall no longer apply if it is established that the injured person himself has caused the damage inten- tionally or by gross negligence.
(3) In case of [...]
§ 130.
The owner of an aircraft to be operated within Danish territory in accordance with § 2 (1)(a) or to be operated for testing purposes in accordance with § 2 (1)(c) shall - if the owner is not the state - take out and keep in force an insurance to cover claims for compensation arising against him or the user for personal injury or damages to property outside the aircraft as a result of the operation. [...]
Eine abschliessende Beurteilung dieser Frage traue ich mit mangels Kenntnis des Dänischen Rechtssystems nicht zu. Allerdings halte ich es für durchaus wahrscheinlich, dass - sei das absichtlich oder unabsichtlich geschehen - im Dänischen Luftrecht tatsächlich eine verschuldensunabhängige gesetzliche Haftung und eine gesetzliche Versicherungspflicht für Kitesurfdrachen verankert sind.
Diese Einschätzung könnte man auch in Einklang mit der Ziffer 3 BL 9-4 sehen. Dort heisst es:
3. General
The owner/user of an unmanned aircraft not weighing more than 25 kg shall be responsible for the flights with the aircraft being performed in accordance with the regulations in this BL.
Ich werde versuchen, diese Frage in den nächsten Wochen einer weitergehenden Klärung zuzuführen.
Zur Abrundung vorerst abschliessend noch ein paar weitere generelle Regelungen aus der Ziffer 4 BL 9-4 für Kites (Drachen) bis 7kg:
Personen und Sachen dürfen nicht gefährdet und das Umfeld so wenig wie möglich belästigt werden.
Zu Landebahnen von öffentlichen Flugplätzen, die in der Karte der Karten- und Grundbuch-Behörde ausgewiesen sind, muss ein Abstand von mindestens 5 km eingehalten werden.
Zu Militärflughäfen, die in der vorstehenden Karte ausgewiesen sind, ist ein Abstand von mindestens 5 km einzuhalten.
Zu bebauten Gebieten und größeren öffentlichen Straßen soll ein Abstand von mindestens 150 m eingehalten werden.
Die Flughöhe darf 100 m über Grund nicht übersteigen.
Dicht bebautes Gebiet, einschließlich Gebiete mit Wochenendhäusern und bewohnte Campingplätze, sowie Gebiete mit großen öffentlichen Personen-Versammlungen dürfen nicht überflogen werden.
Für Kites mit einem Gewicht von mehr als 7 kg existieren weitere Regelungen, die hier aber nicht weiter von Belang sein dürften.
(wdc, April 2014)