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Rechtsgebiete/Coronavirus Covid-19/Dauerverträge

Allgemeines Vertragsrecht und SarsCov-2

Zu den Auswirkungen von COVID-19 auf zivilrechtliche Dauerschuldverhältnisse

Corona-Moratorium

Allgemeine vertragsrechtliche Regelungen aus Anlass der Covid-19-Pandemie

 

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrat ein Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht erlassen.[1]

Kurzbeschreibung Gesetzes-Inhalt

Das sogenannte Corona-Moratorium sieht vor, dass Verbraucher und Kleinstunternehmer unter bestimmten Voraussetzungen ab dem 01.04.2020 bestimmte Leistungen bis derzeit (vorläufig) 30.06.2019 ohne negative Folgen verweigern dürfen. Diese Frist könnte noch verlängert werden, wenn dies aufgrund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie erforderlich wird.

Die Leistungen sind nach Ablauf des Moratoriums dann allerdings sofort nachzuholen!

Stand des Gesetzgebungs-Verfahrens

Der Bundestag hat nach Vorlage[2] vom 24.03.2020 am 25.03.2020 ein Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie beschlossen, dem der Bundesrat am 27.03.2020 zugestimmt hat, mit dem die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Virus-Pandemie entschärft werden sollen.

Allgemeine Regelungen für Verträge

Für bestimmte vertragliche (!) Dauerschuldverhältnisse soll ab dem 01.04.2020 temporär ein Leistungsverweigerungsrecht bestehen.

Wer kann das Leistungsverweigerungsrecht geltend machen

Verbraucher und Kleinstunternehmer können von dem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Verbraucher ist, wer als Privatmensch zu privaten Zwecken mit einem Unternehmer einen Vertrag schließt.[3]

Kleinstunternehmer (Mikro-Unternehmer)[4] ist, wessen Unternehmen folgende Kennzahlen aufweist:

Mitarbeiter < 10 Personen (gerechnet auf Vollzeitarbeitskräfte)
Umsatz oder Bilanzsumme < 2.0 Mio Euro

Für welche Verträge gilt das Allgemeine Leistungsverweigerungsrecht nicht

Für Darlehensverträge, für Mietverträge (auch Pachtverträge) über Räume und Grundstücke und für Arbeitsverträge gibt es Sonderregelungen! Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 4 Corona-Moratorium. Das Leistungsverweigerungsrecht gilt auch nicht für Einzelverträge. Es gilt auch nicht für Verträge, die nach dem 08.03.2020 abgeschlossen worden sind oder noch abgeschlossen werden.

Für welche Verträge gilt das Allgemeine Leistungsverweigerungsrecht

Das Leistungsverweigerungsrecht gilt für alle Dauerschuldverhältnisse (Dauerverträge, die eine mehrmalige oder andauernde laufende Leistung zum Gegenstand haben), die vor dem 08.03.2020 abgeschlossen worden sind. Es muss sich um ein wesentliches Dauerschuldverhältnis handeln.

Wesentlich ist ein Dauerschuldverhältnis, welches zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge (Verbraucher) oder zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines Erwerbsbetriebs (Kleinstunternehmen) erforderlich sind.

Zu diesen wesentlichen Verträgen gehören etwa Pflichtversicherungen, Verträge über die Lieferung von Strom und Gas oder über Telekommunikationsdienste, soweit gesetzliche geregelt auch über die Wasserver- und -entsorgung.

Beispiele (nicht abschließend)

Vertrag, wesentlich für …

Verbraucher

Kleinstunternehmen

Arbeitsvertrag

Sonderregelung

Sonderregelung

Mietvertrag

Sonderregelung

Sonderregelung

Darlehensvertrag

Sonderregelung

Sonderregelung

Reparaturauftrag Handwerker

Nein (kein Dauervertrag)

Nein

Online-Kauf Fahrrad

Nein (kein Dauervertrag)

Nein

Telefonanschluss

Ja

Ja

Internetanschluss

Ja

Ja

Stromlieferung

Ja

Ja

Kranken-Zusatzversicherung

ja

-

Leasing-Vertrag IT

-

Ja

Leasing-Vertrag PKW

Ja (in angemessenem Rahmen)

Ja (in angemessenem Rahmen)

Leasing Vertrag Maschinen

-

Ja

Mietvertrag Maschinen

-

Ja

Mietvertrag Büromöbel

-

Ja

Wartungsvertrag IT-Service

-

Ja

Vermögens-Haftpflicht-Versicherung (Freiberufler)

-

Ja

Kfz-Haftpflichtversicherung

Ja (in angemessenem Rahmen)

Ja (in angemessenem Rahmen)

Gebäudeversicherungen (Brand, Wasser, Sturm)

Ja

Ja

Software-Pflegegebühren

-

Ja

Dauer-Beratungsverträge

-

Ja

Wartungsvertrag Maschinen

-

Ja

Private Krankenversicherung

?

-

Private Rentenversicherung

?

-

Private Haftpflichtversicherung

Ja

-

Private Unfallversicherung

Ja

-

Private Hausratversicherung

Ja

-

Betriebshaftpflicht-Versichg

-

Ja

GEZ-Beitrag

Nein (kein Vertrag)

Nein

 

 

 

 

Wie muss das Leistungsverweigerungsrecht begründet werden

Das Leistungsverweigerungsrecht besteht nur, wenn der Verbraucher oder das Kleinstunternehmen gerade wegen den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie nicht zahlen oder leisten kann oder die Erbringung der Leistung oder Zahlung bei einem Kleinstunternehmen die wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens gefährden würde oder bei einem Verbraucher dessen Lebensunterhalt oder den Lebensunterhalt seiner Angehörigen gefährden würde.

Wann ist das Leistungsverweigerungsrecht ausgeschlossen

Das Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners als Verbraucher ist ausgeschlossen, wenn dies für den Gläubigers seinerseits unzumutbar ist, weil die Nichterbringung die wirtschaftliche Grundlage seines Erwerbsbetriebs gefährden würde.

Das Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners als Kleinstunternehmen ist ausgeschlossen, wenn dies für den Gläubigers seinerseits unzumutbar ist, weil die Nichterbringung die wirtschaftliche Grundlage seines Erwerbsbetriebs gefährden würde oder zu einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen führen würde.

Ist die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechtes wegen einer Unzumutbarkeit für den Gläubiger ausgeschlossen, kann der Schuldner stattdessen eine Kündigung des Vertrages erklären.

Den Interessen beider Vertragsparteien soll in diesem Fall dadurch Rechnung getragen werden, dass der Schuldner den Vertrag kündigen kann. Die Rechtsfolgen ergeben sich dann aus den einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften, bei Dienstverträgen etwa aus § 628 BGB. Der Schuldner kann sich so von Vertragspflichten lösen und der Gläubiger sich die für ihn wichtigen Leistungen von einem Dritten beschaffen. Die rechtlichen Folgen einer solchen Kündigung sind aber für verschiedene Vertragstypen derzeit unklar.

Was kann man verweigern

Verbraucher und Kleinstunternehmen können Zahlungen verweigern, soweit sie Zahlungsschuldner sind, sie können aber auch Leistungen verweigern, soweit sie Leistungsschuldner sind.

Für welchen Zeitraum kann das Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht werden

Das Leistungsverweigerungsrecht kann für alle Leistungen geltend gemacht werden, die zwischen dem 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig werden. Das Leistungsverweigerungsrecht gilt derzeit nur bis zum 30.06.2020. Die fälligen und verweigerten Leistungen müssen also derzeit am 01.07.2020 nachgeholt werden.

Handlungsempfehlung

Da bis zum 01.04.2020 nur wenige Tage Zeit bleibt, sollten Sie sich unverzüglich einen aktuellen Überblick über Ihre laufenden Zahlungsverpflichtungen aber auch über ihre etwaigen Zahlungsschuldner, insbesondere zur Fälligkeit von laufenden (monatlichen, jährlichen) Zahlungen, Daueraufträgen und Lastschriftermächtigungen verschaffen.

Das neue Corona-Leistungsverweigerungsrecht müssen Sie vor der Ausführung der Zahlung bzw. Überweisung geltend machen und die Zahlung bzw. Überweisung dann stoppen bzw. nicht ausführen. Von Ihnen vorbehaltlos ausgeführte Zahlungen (Überweisungen, Daueraufträge) können Sie nicht zurückfordern.

Ich empfehle auch dringend, das Leistungsverweigerungsrecht gegenüber Einzugsberechtigten rechtzeitig vor der Ausführung einer Lastschrift geltend zu machen. Sollte die Lastschrift gleichwohl eingezogen werden, liegt in diesem Fall dann ein eindeutiger rechtmäßiger Grund für einen Widerspruch gegen die Lastschrift vor.

Die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechtes bedarf keiner besonderen Form, kann also per Email, Telefax oder Brief erklärt werden. Allerdings müssen Sie im Zweifel nachweisen können, dass Ihr Vertragspartner diese Erklärung auch erhalten hat.

Wenn Sie ein Leistungsverweigerungsrecht schriftlich geltend machen (Text + Unterschrift + Brief), dann kann es auch empfehlenswert sein, dies vorsorglich mit einem Entzug bzw. Widerruf einer Einzugsermächtigung zu verbinden. Letztere muss zwingend schriftlich erklärt werden und ist ansonsten unwirksam, d.h. der Widerruf einer Einzugsermächtigung kann nicht wirksam per Email, sms, whatsapp oder Telefax erklärt werden.

 

 

 

Anhang 1: Muster Antrag auf Leistungsverweigerung

Es handelt sich um ein Muster für eine Vielzahl von Verwendungen. Das Muster ist auf die Umstände des individuellen Einzelfalles anzupassen (unterstrichene Passagen sind individuell anzupassen).

 

Betreff: Vertragsnummer - Beschreibung

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

unter Berufung auf das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht mache ich gegenüber Ihrer Forderung als Verbraucher / als Kleinstunternehmen ein Leistungsverweigerungsrecht (vorläufig) bis zum 30.06.2020 geltend.

Begründung

Aufgrund der Covid-19-Pandemie ist mir eine Erbringung der von mir geschuldeten Leistung derzeit nicht möglich, weil

  1. dies die Deckung meines angemessenen Lebensunterhalts bzw. den angemessenen Lebensunterhalt meiner unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde.
  2. dies die wirtschaftlichen Grundlagen meines Unternehmens gefährden würde.
  3. (sonstige tatsächliche Gründe die eine Leistung unmöglich machen).

 

Insofern erbitte ich um Verständnis in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation.

Mit freundlichen Grüßen

 

 

(Ort, Datum, Unterschrift)

 

 


[1]www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Bgbl_Corona-Pandemie.pdf

[2]dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/181/1918110.pdf

[3]www.gesetze-im-internet.de/bgb/__310.html

[4]https://www.foerderinfo.bund.de/de/kmu-definition-der-europaeischen-kommission-972.php; https://ec.europa.eu/growth/smes/business-friendly-environment/sme-definition/